PREVENT-TAKE-UP – eine Präventions- und Früherkennungs-App für integrierte Brustkrebs-, Darmkrebs- und Prostatakrebsvorsorge
Präventions- und Früherkennungsmaßnahmen haben eine herausragende Bedeutung für die Onkologie. Durch wirksame Prävention können Tumorerkrankungen verhindert und durch Früherkennung öfter in einem früheren Stadium mit hoher Aussicht auf Heilung festgestellt werden.
Ansprechpersonen
Prof. Dr. med. Thomas Seufferlein
Dr. med. Angelika Kestler
Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Ulm
Allerdings werden Präventionsmaßnahmen noch nicht in erforderlichem Umfang von der Bevölkerung wahrgenommen und es bestehen Missverständnisse zum Konzept der Prävention. Teils fehlen Kenntnisse, teils wird Prävention als Maßnahme verstanden, die erst beim Auftreten von Beschwerden zum Tragen kommt. Zudem mangelt es an niederschwelligen Angeboten für individuelle Präventionsempfehlungen, die besondere Risikofaktoren – wie beispielsweise eine familiäre Vorbelastung – berücksichtigen und Präventionsempfehlungen auch für jüngere Personen aussprechen, sofern ein erhöhtes Risiko identifizierbar ist. Durch die Corona-Pandemie sind Vorsorgeuntersuchungen zum Teil deutlich weniger wahrgenommen worden1. Gleichzeitig ist das Interesse an digitalen Gesundheitsangeboten während des Lockdowns gestiegen2.
Zu Brust-, Darm- und Prostatakrebserkrankungen bieten folgende weiterführende Links umfassende Informationen zu Beratungsstellen, Infoveranstaltungen, Netzwerken und nationalen Aufklärungskampagnen.
Informationen zum Thema Darmkrebs:
- Interdisziplinäres Darmzentrum im CCCU
- Netzwerk gegen Darmkrebs e.V.
- Felix Burda Stiftung
- Stiftung Lebensblicke
Informationen zum Thema Brustkrebs:
Informationen zum Thema Prostatakrebs:
Krebsartübergreifende Informationen:
- Comprehensive Cancer Center Ulm (CCCU)
- Beratungsstellen – Krebsinformationsdienst
- Deutsche Krebsgesellschaft
- Nationale Krebsprävention
Informationen rund um das Thema Impfungen gegen Krebs finden Sie auf der Seite des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ: Nationale Krebspräventionswoche: Impfungen gegen Krebs wahrnehmen) sowie im Interview „Die mRNA-Technologie wird im Kampf gegen Krebs einen Aufschwung bekommen“ von Herrn Prof. Thomas Seufferlein (Interview Prof. Seufferlein).
Zielsetzung
Digitale Tools wie Smartphones sind mittlerweile weit verbreitet und attraktive Instrumente, aktuelle Informationen via App gut aufbereitet den Nutzern vermitteln zu können. Diese digitalen Anwendungen können gesundheitsförderndes Verhalten bestärken und gewinnen angesichts einer immer älter werdenden Gesellschaft und damit verbundener steigender Inzidenz von Tumorerkrankungen zunehmend an Bedeutung.
Der Einsatz digitaler Hilfsmittel wie Smartphones trifft dabei den Zeitgeist. Methodisch und didaktisch hochwertige Apps bieten neue Chancen, i) Aufmerksamkeit auf das Thema Prävention und Früherkennung zu lenken, ii) ohne großen Aufwand für den bzw. die Nutzer:in Inhalte niederschwellig und anschaulich zu vermitteln und iii) mögliche Fragen zu thematisieren und zu klären.
Diese Ziele wollen wir mit PREVENT-TAKE-UP, einer Präventions- und Früherkennungs-App für die drei häufigsten Tumorentitäten Brustkrebs, Prostatakrebs und Darmkrebs erreichen. Wichtig ist uns dabei, Präventions- und Früherkennungsmaßnahmen für die drei genannten Tumorentitäten zu integrieren, um dann der gesamten Bevölkerung basierend auf individuellen, d.h. alters-, geschlechts- und risikoadaptierten Faktoren eine persönliche Vorsorgeempfehlung zu geben (individualisierte und integrierte Prävention).
Unser Ziel ist es, Menschen, die einen Anspruch auf Vorsorgemaßnahmen haben, aber bisher Präventionsmaßnahmen noch nicht wahrgenommen haben, umfassend und leitliniengerecht für die Krebsvorsorge bzw. -früherkennung zu sensibilisieren und zu einer informierten Entscheidungsfindung dieser Personen beizutragen. Im besten Fall führt die Anwendung der App zu einem besseren Einschätzen des individuellen Risikos und falls sinnvoll, zu einem Beratungsgespräch beim Arzt, um individuelle Vorsorgemaßnahmen wahrzunehmen. Die App ist so konzipiert, dass sie modular auf andere Tumorentitäten (z.B. Hautkrebs) erweiterbar und kontinuierlich gemäß dem Stand der Wissenschaft aktualisiert werden kann.
Mit der App PREVENT-TAKE-UP leisten wir als Teil des Kompetenznetzwerks Präventivmedizin Baden-Württemberg einen Beitrag zur Förderung der öffentlichen Gesundheit. Insbesondere fördern wir das Gesundheitsbewusstsein, die Eigenverantwortlichkeit und die individuelle Gesundheitskompetenz.
Vorgehensweise
Das Institut für Medizinische Systembiologie in Ulm hat große Erfahrung in der Erstellung von Smartphone-Applikationen für medizinische Fragestellungen. Zunächst wird die Grundstruktur der App im Austausch der jeweiligen klinischen Fachexpert:innen mit den Expert:innen der Systembiologie festgelegt und in eine App-Struktur überführt. Besonderer Wert wird neben der Korrektheit der Informationen auf die Benutzerfreundlichkeit der App und die Verständlichkeit der Inhalte gelegt, was durch geeignete Methoden der Visualisierung unterstützt werden soll. Verantwortlicher Studienleiter ist Prof. Dr. med. Thomas Seufferlein, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin I im Zentrum für Innere Medizin am Universitätsklinikum Ulm. Im Rahmen einer Anwendungs- und Machbarkeitsstudie werden interessierte, gesunde und vorsorgeberechtigte Personen zwischen 50 und 70 Jahren von ihrer Fachärztin bzw. ihrem Facharzt rekrutiert. Nach Anwendung der App sollen die Vorsorgeberechtigten Feedback zur Bedienbarkeit und zum Aufbau der App sowie zur Verständlichkeit der Fragen, die zur Ermittlung eines individuellen Risikos benötigt werden, geben. Zudem werden Fachärzt:innen als wichtige Expertengruppe mit einbezogen und liefern Input bei der Entwicklung der App hinsichtlich ihrer Erfahrungen und Erwartungen an eine digitale App zur Prävention in der ambulanten Gesundheitsversorgung. Die Rückmeldungen werden zur Verbesserung, Weiterentwicklung und Finalisierung der App verwendet. Die überarbeitete Finalversion der App wird in die jeweiligen Appstores zum kostenlosen Download hochgeladen. Nach aktiver Bewerbung der App über Fachgesellschaften wie u.a. die GASTRO-Liga e.V. oder Social Media-Kanäle (facebook, instagram) können interessierte Personen freiwillig anonymes Feedback zur App geben.
Geplante und bereits etablierte Kooperationen
An der Universität Ulm ist PREVENT-TAKE-UP ein multidisziplinäres Projekt, an dem die medizinischen Abteilungen Gastroenterologie, Gynäkologie, Urologie, Allgemeinmedizin und Medizinische Systembiologie zusammenarbeiten. Es bestehen umfassende Kooperationen des Standorts mit den CCCs (Comprehensive Cancer Center) der Universitätsklinika in Baden-Württemberg sowie zwischen den Instituten für Allgemeinmedizin an den verschiedenen Standorten. Im Rahmen des Projekts ist die Zusammenarbeit mit den Standorten Freiburg und Mannheim geplant. Darüber hinaus sind Kooperationen mit in der Prävention engagierten Stiftungen und Verbänden sowie dem DKFZ (Deutsches Krebsforschungszentrum) und den medizinischen Fachgesellschaften geplant. Nach Einstellung der finalisierten App in die jeweiligen Appstores werden die Kooperationspartner mit einbezogen.
(Zwischen-)Ergebnisse
Die Textbausteine, die leitliniengerechten Sequenzen der Fragen und die Informations- und Empfehlungstexte werden aktuell angepasst, erweitert und in Kürze fertiggestellt. Die Konzeption und Programmierung des Prototyps der App mit Erarbeitung der Entscheidungsalgorithmen steht vor der Finalisierung. Mit Vorliegen des Prototyps der App werden die inhaltlichen Dokumente zu den einzelnen Tumorentitäten unter Berücksichtigung der primärärztlichen Perspektive in Fokusgruppen (Fachärzt:innen und vorsorgeberechtigte Personen) diskutiert und nach Bewertungen zur Anwenderfreundlichkeit und Verständlichkeit überarbeitet. Feedback und Input werden zur Verbesserung und Weiterentwicklung der App verwendet.
Am 02.09.2022 wurde die Studie PREVENT-TAKE-UP vom Studienboard Darmkrebs der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) positiv bewertet und akkreditiert sowie unter unter www.studybox.de veröffentlicht.
Literaturverzeichnis
1. Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (2020)
Coronavirus hält Menschen von Früherkennung und Check-ups ab https://www.bzga.de/presse/pressemitteilungen/2020-08-13-coronavirus-haelt-menschen-von-frueherkennung-und-check-ups-ab/ [letzter Zugriff: 10.12.2021]
2. Vgl. Studie: Lockdown verändert die Nutzung digitaler Gesundheitsangebote, Apotheken Umschau, https://www.digital-ratgeber.de/aktuelles/studie-lockdown-veraendert-die-nutzung-digitaler-gesundheitsangebote-562903.html [letzter Zugriff: 10.12.2021]