Unsere Hausarztpraxis der Zukunft in Mannheim
Das Beispiel der Hausarztpraxis der Zukunft von Innenarchitekt Gustav Rennertz (4plus5) – Ein Interview
Die Hausarztpraxis der Zukunft ist ein Forschungsprojekt, das vom Kompetenzbereich Mannheim durchgeführt wird. Ziel ist es, Parameter jenseits der ärztlichen Kompetenz zu untersuchen. Wichtige Parameter sind dabei die Innenarchitektur, innovative IT-Lösungen, die digitale Patient:innen-Begleitung und eine motivierende Gesprächsführung. Im folgenden Interview haben wir unseren Innenarchitekten, Gustav Rennertz darum gebeten, uns Fragen in Bezug auf die Gestaltung der Räumlichkeiten zu beantworten.
Ansprechperson
Prof. Dr. med. Joachim Fischer
Zentrum für Präventivmedizin und Digitale Gesundheit (CPD), Abteilung Allgemeinmedizin, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg
1. Welche Bedeutung hat die räumliche Gestaltung der Praxis hinsichtlich des Wohlbefindens zukünftig für Patientinnen und Patienten?
„Erst bauen Menschen Gebäude, dann machen Gebäude Menschen“ Siegfried Gideon -Architketurkritiker
Ich würde aus Ihrer Frage das Wort „zukünftig“ herausnehmen und die Fragestellung ändern: Was macht der Raum mit Menschen, und dann in weiteren Gedanken: mit Menschen in der Medizin.
Im alten Ägypten gab es einen Arzt/ Architekten/ Philosophen mit Namen Djoser. Djoser behandelte als Arzt Menschen in besonders dazu gebauten Räumen. Hierbei war ihm wohl schon der Einfluss von Raum auf die Physis bekannt.
Heute – einige tausend Jahre später – ist vieles, was damals intuitiv geschah – naturwissenschaftlich bestätigt und nachvollziehbar. Unsere menschliche Wahrnehmung hat ein paar Sinne, welche der Orientierung in der Außenwelt dienen.
Sehen – Hören – Riechen. Die meisten Informationen kommen dabei über den Sehsinn. Hier werden Farben, Formen Abmessungen, Materialien etc. permanent bewusst und unbewusst aufgenommen und erzeugen daraus ein reaktives Empfinden. Das reaktive Empfinden speist sich aus Wissen, welches in den Abgleich mit einkommenden Informationen setzt sowie mit Assoziationen (psychologisch + instinktiv), welche in den Abgleich gehen. Aus diesen beiden Auswertungen ergibt sich dann das als real empfunden Gefühl im Raum.
Nehmen wir als ganz vereinfachtes Beispiel einmal „Licht mit 6000 Kelvin von oben kommend (Deckenleuchte)“: Die assoziative Bedeutung für unser „limbisches System“ ist Sonnenlicht mittags – denn ausschließlich um diese Zeit im Sommer gibt es diese Lichtqualität in der nicht-menschgemachten Natur. Wenn wir dieses Licht am Abend im Raum haben, erhalten wir zwar eine klare und eindeutige Information bezüglich des Wissens um das was wir sehen, doch gleichzeitig entsteht eine Irritation in unserem instinkthaften Wahrnehmen.
Ist der nun Wahrnehmende ein Patient in einer Arztpraxis, der innerlich schon instabil aufgrund irgendwelcher Krankheitssorgen ist und er warte nun in einem weißen Raum mit heller Deckenbeleuchtung abends um 19 Uhr auf den behandelnden Arzt, so haben wir schon eine erhebliche Beeinträchtigung. Würde der gleiche Patient in einem in warmen Farben gehaltenen Raum mit indirekter oder Wandbeleuchtung mit 2750 Kelvin warten, so hätten wir bereits positiven Einfluss auf das Empfinden des Patienten genommen.
Dies Beispiel ist sehr, sehr vereinfacht. Wenn wir die Gesamtheit der Rauminformationen daraufhin untersuchen und die Einflussnahmen bewusst anwenden im alltäglich Erleben im menschgemachten Raum – also an Arbeitsstätten, Schulen etc.- so könnte viel Heilung unterstützt und möglicherweise viel für die Volksgesundheit Gutes entstehen.
Unser Haus 4plus5 hat im Bereich der Gestaltung von Innenräumen bei Menschen mit Demenz hier vor 10 Jahren zweimal den Gradmann Stiftungspreis für unsere Arbeiten zur Verbesserung der Lebensqualität für Menschen mit Demenz erhalten. In diesem Bereich gibt es auch sehr gute Dokumentationen – dennoch findet nur ein geringer Teil dessen in der Regel Anwendung.